Jede Freimaurerei – in all ihren unterschiedlichen Formen und Ausgestaltungen – gründet auf den fünf Leitmotiven „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität“ und setzt sich die Förderung dieser Ideale in der menschlichen Gesellschaft zum Ziel. Jedes dieser Motive spricht den einzelnen Freimaurer individuell an und sollte in seiner Haltung und seinen Handlungen zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus kommt insbesondere den ersten beiden Motiven in Hinblick auf diese Verfassung eine besondere Bedeutung zu. So, wie umfassende Freiheits- und Gleichheitsrechte die Grundlage jedes liberalen Rechtsstaates sind, müssen sie auch und gerade die Konstitution jeder wahren freimaurerischen Organisation prägen und durch sie Geltung erlangen. Denn nur dadurch erhalten diese ihre eigentliche Legitimation und können ein Umfeld schaffen, in dem offene, friedliche und konstruktive Zusammenarbeit möglich wird.
Aus ihrem freimaurerischen Anspruch heraus und im Bewusstsein der besonderen Verantwortung, die sich aus ihrer Namensgebung ableitet, hat sich die Großloge LIBERTAS eine Verfassung gegeben, die sich – neben der Überwindung von Völker- und Geschlechtergrenzen – dem Freiheits- und dem Gleichheitsgebot besonders verpflichtet fühlt:
Das Gleichheitsgebot soll u. a. verwirklicht werden durch die konsequente Umsetzung demokratischer Prinzipien. Hierzu gehören freie (und somit geheime) Wahlen, die freie Kandidatur für sämtliche Großlogenämter sowie demokratisch legitimierte Entscheidungsprozesse. Sie soll weiterhin verwirklicht werden durch eine weitest mögliche Gewaltenteilung zwischen dem Logenvorstand (als Organ der Executive) und der Mitgliederversammlung im Großlogentag (als Organ der Legislative). Besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die Trennung von Ämtern, Personen und Befugnissen sowohl zwischen den Großlogenorganen als auch zwischen Großloge und Mitgliedslogen gelegt, um Interessenskonflikte und Ämteranhäufung zu vermeiden und ein kooperatives Prinzip gegenseitiger Unterstützung und Kontrolle zu etablieren.
Das Freiheitsgebot soll verwirklicht werden durch die Ausgestaltung der Großloge als eines unterstützenden Dachverbandes. Dort wo Eingriffe der Großloge in die Autonomie der Logen aus Sachgründen notwendig und unvermeidlich sind (wie z.B. bei der Beitragsregelung, bei Mitgliederaufnahmen bzw. -ausschlüssen oder bei Aspekten der freimaurerischen Arbeit) liegt die Entscheidungsbefugnis beim Großlogentag als Versammlung der Mitgliedslogen. Ansonsten ist es explizites Bestreben dieser Verfassung, die Regelung interner Angelegenheiten möglichst in der eigenständigen Verantwortung der Mitgliedslogen zu belassen (Subsidiaritätsprinzip). Hierzu gehört u. a. auch eine weitgehende Ritualfreiheit der Logen. Darüber hinaus findet das Freiheitsgebot seinen Ausdruck darin, dass Zweitmitgliedschaften als ein begrüßenswerter Ausdruck von Vielfalt betrachtet werden. Daher werden zusätzliche Mitgliedschaften in anderen Logen (innerhalb oder außerhalb der LIBERTAS) ebenso wenig einschränkt wie die Mitgliedschaft in Vereinen, sofern diese nicht im Widerspruch zu den freimaurerischen Werten stehen oder das Ansehen der Freimaurerei bzw. der Großloge beschädigen.
Im Bewusstsein, dass die Festschreibung von Freiheit- und Gleichheitsgrundsätzen nur der erste Schritt ist, sie umzusetzen und ihnen Geltung zu verschaffen aber das Beschreiten eines niemals endenden Weges erfordert, hat sich die Großloge LIBERTAS im Oktober 2021 diese Verfassung gegeben und auf ihrer Grundlage die Arbeit aufgenommen.
Dr. Michael Reske (MvSt. 2021-22) Jacques de Molay